Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Schülerinnen und Schüler,
liebe Eltern,
viele von Ihnen haben uns in den letzten Tagen angesprochen und auf wichtige Punkte in Hinblick auf das Pandemiegesetz der Landesregierung hingewiesen oder uns zu den Plänen des Ministeriums für Schule und Bildung für die weitere Vorgehensweise Fragen gestellt.
Darunter wichtige Hinweise zur Wiederaufnahme des Unterrichts allgemein oder auch Fragen zu den Abschlussprüfungen. Darunter waren viele bewegende, persönliche Berichte von Schülerinnen und Schülern, ihren besorgten Eltern oder Schulleitungen wie auch Lehrkräften, die Bedenken äußerten und zur Vorsicht mahnten.
Ihre Hinweise haben wir alle mit in unseren Arbeitskreis genommen, aber selbstverständlich ebenso mit in den Ausschuss und stellvertretend Herrn Staatssekretär Richter übergeben. Einige Fragen wurden beantwortet, andere bleiben auch nach dem Bericht zu den Szenarien der Abschlussprüfungen am Dienstag und der gestrigen Sondersitzung des Schulausschusses immer noch offen.
Zehntausende Schülerinnen und Schüler in NRW stehen vor den Abschlussprüfungen. Neben den Abiturprüfungen sind das zusammen vor allem auch die ZP-10-Prüfungen oder Externenprüfungen in anderen Schul- und Bildungsgängen. Uns ist klar, dass es momentan nicht die eine optimale Lösung gibt, die allen Schülerinnen und Schülern und ihrer individuellen Situation gerecht werden kann. Weder ist es für alle gut, die Prüfungen unter diesen Umständen abzulegen, noch immer weiter abzuwarten und die Prüfungen auf unbestimmte Zeit aufzuschieben. Dies gilt natürlich und selbstverständlich auch für alle Lehrkräfte und Schulleitungen, die sich fragen, ob überhaupt die Wiederaufnahme des Unterrichts, vielleicht auch nur teilweise, und dann oben drauf die Vorbereitung und Durchführung der Abschlussprüfungen möglich und – vielleicht noch viel wichtiger – sicher im Sinne des Infektionsschutzes sind.
Als Oppositionsfraktion haben wir uns intensiv mit der Problematik der Abschlussprüfungen vor dem Hintergrund der Schulschließungen auseinandergesetzt und diese auch gegenüber der Landesregierung konstruktiv-kritisch geäußert. Wir waren bestrebt gemeinsam mit den regierungstragenden Fraktionen möglichst bald Klarheit und Planungssicherheit für alle zu erreichen. Hierzu haben wir für die gestrige Ausschusssitzung einen zusätzlichen Tagesordnungspunkt beantragt, um mehr Transparenz und Planungssicherheit zu gewinnen. Der Bericht hierzu kam am Dienstag und bleibt in vielen Punkten sehr vage. Im Anhang unserer Mail finden Sie den vollständigen Bericht, falls Sie Details haben möchten.
Die gestrige Sondersitzung des Ausschusses Schule und Bildung nun hat das von uns geforderte Ziel, Klarheit für alle im Schulbereich zu schaffen, verfehlt. Anlass war die Fragestellung des Berichts „Welche Szenarien sind geplant, um Abschlüsse für alle Schulformen zu ermöglichen?“.
Aufgrund des Kontaktverbots ist ein Fachgespräch eine große Herausforderung, durch eine gute Mischung aus realer und virtueller Präsenz ist uns aber ein intensiver Austausch gelungen.
Ergebnis der Sondersitzung gestern war, dass die Landesregierung die Erwartungen der Experten in puncto Klarheit, Transparenz und Planungssicherheit nicht erfüllt hat. Die Fachleute betonten, dass Nachbesserungen des Gesetzentwurfs für den Schulbereich dringend geboten sind. Bereits die Anhörung des Gesetzentwurfs vom 06.04.2020 offenbarte, dass hier noch Modifikationen vorgenommen werden müssen.
Das Ministerium geht in seinen Planungen davon aus, dass die Schulen nach den Osterferien wieder öffnen können – das ist aber ungewiss. Deshalb hat das Ministerium alternative Szenarien ausgearbeitet, hält sie aber zurück. Wir glauben im Sinne Weizäckers daran, dass „das demokratische System, zu dem unser Staat sich bekennt, (…) auf der Überzeugung, dass man den Menschen die Wahrheit sagen kann“ beruht. Dass dem Parlament die alternativen Planungen vorenthalten werden, kritisieren wir.
Weitere wichtige Fragen wurden gestellt, vom Ministerium aber nicht beantwortet: Wie kommen wir wieder in den Schulbetrieb zurück? Wie viele Lehrer sind überhaupt einsatzbereit, welche Hygienemaßnahmen sind erforderlich? Kann die Einhaltung des Infektionsschutzgesetzes gewährleistet werden? Welche Voraussetzungen bestehen oder müssen geschaffen werden für einen Schulstart bzw. für die Prüfungen? Wie steht es um die Rechtssicherheit bezüglich der Prüfungen?…
Diese kleine Auswahl verdeutlicht, dass der Teufel im Detail steckt und auch die Kommunen hier eingebunden werden müssen. Schließlich müssen die Kommunen vor Ort den Schulbetrieb hochfahren und für die Rahmenbedingungen eines geordneten Schulbetriebs sorgen. Das gilt auch für den Infektionsschutz. Die Praktikabilität und gesundheitliche Sicherheit müssen bei allen Lösungsvorschlägen im Vordergrund stehen.
Bei allen Entscheidungen müssen auch die Chancen- und Bildungsgerechtigkeit gesichert werden. Nicht allen Lernenden stehen zuhause dieselben Mittel und Möglichkeiten zur Prüfungsvorbereitung zur Verfügung. Diese Schülerinnen und Schüler haben wir im Blick. Sollten die Abschlussprüfungen abgesagt werden, dann muss dies auch für die Abiturprüfung gelten. Was legitimiert die Abnahme der Abiturprüfung, wenn andere Abschlussprüfungen abgesagt werden? Hier haben wir schulrechtlich eine klare und nachvollziehbare Position: Im Krisenfall gilt es alle Ablschussprüfungen abzusagen und nach alternativen Formen der Leistungsbewertung zu suchen. Notfalls ist für uns auch ein Abitur ohne Abschlussprüfung denkbar. Die KMK haben sich auch bereits darauf geeinigt, dass jedes Abitur aus jedem Bundesland gegenseitig anerkannt wird. Ferner steht für uns fest, dass wir keine Verschiebung von jedweden Prüfungen in die Sommerferien hin akzeptieren. Wir möchten alle Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit geben, dass sie in ihren nächsten Lebensabschnitt eintreten dürfen.
Die große und drängende unbeantwortete Frage der Umsetzung des Schulstarts werden wir weiter im Blick haben. Das Schulministerium hat uns auf die nächste Woche vertröstet, da hier noch Gespräche der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten kommende Woche abzuwarten seien. Dies ist aus meiner Sicht sehr schwierig und lässt die Unsicherheit bei allen Beteiligten nur noch größer werden. Vor diesem Hintergrund haben wir bereits gestern gemeinsam mit den Grünen die nächste Sondersitzung für den 16.04.2020 um 9 Uhr beantragt. Es wird Zeit, dass unsere Fragen beantwortet werden.
Covid-19 hat sich auf traurige Art und Weise als Prüfstein für unser Bildungssystem erwiesen. Das zeigt die Vorgehensweise und Unentschlossenheit des Ministeriums, aber auch die Erfahrungen, die wir alle selbst in dieser Ausnahmesituation machen. Die Bildungschancen von Schülerinnen und Schüler sind immer noch leider eine Frage der sozialen Herkunft. Das haben wir die vergangenen Wochen im Land, aber auch in Köln verstärkt wahrgenommen.
Parallel zur Sondersitzung des Schulausschusses liefen die harten, aber auch konstruktiven Verhandlungen zum Entwurf des Pandemiegesetzes. Unsere Vorschläge für den Änderungsantrag zum Pandemiegesetz haben nun aber Früchte getragen, d.h. unsere Lesart der Rechtsprechung hat sich für den Schulbereich durchgesetzt.
Der Artikel 10 „Gesetz zur Sicherung von Schul- und Bildungslaufbahnen (Bildungssicherungsgesetz)“ wird aus dem Gesetzesentwurf der Landesregierung „Gesetz zur konsequenten und solidarischen Bewältigung der COVID-19-Pandemie in Nordrhein-Westfalen und zur Anpassung des Landesrechts im Hinblick auf die Auswirkungen einer Pandemie“ (Drs. 17/8920) ersatzlos gestrichen!
Unsere Position, dass ein Artikelgesetz kein Schulgesetz aushebeln kann, hat sich bewahrheitet. Bildung ist ein hohes Gut, daher muss das Schulgesetz separat in der Krisenzeit angepasst werden und die juristischen Änderungen müssen im Schulgesetzt selbst vorgenommen werden. Dies konnten wir erwirken. Wir erwarten zeitnah einen Gesetzesentwurf der Landesregierung, der juristische Rechtssicherheit für alle Abschlussprüfungen, aber auch für alle anderen Leistungsprüfungen, in der Phase der Schulschließung garantiert. Wir erwarten Rechtssicherheit für alle Schülerinnen und Schüler in NRW.
Krisen dürfen unsere demokratischen Werte und parlamentarischen Prozesse nicht aushebeln. Gerade Krisen sind Chancen mehr Demokratie zu wagen und gemeinsam Lösungen zu finden. Keine Krise, möge sie noch so hart sein, darf zu einer Ermächtigung und zu einem Freifahrtschein der Regierung führen.
Die Sondersitzung des Schulausschusses hat uns darin bestätigt, dass wir genau auf das Schulgesetz schauen müssen, um Rechtssicherheit für alle Abschlussjahrgänge zu gewährleisten. Wir nehmen hier unsere Aufgabe und Verantwortung als stärkste Oppositionsfraktion wahr, um konstruktiv und zielführend mit den regierungstragenden Fraktionen für die bestmöglichste Lösung in den Dialog zu treten.
Bevor ich mich damit von Ihnen verabschiede, möchte ich Sie alle noch auf drei wichtige Punkte hinweisen, die die meisten von Ihnen interessieren werden und die meiner Meinung nach zu wichtig sind, um in der aktuellen Diskussion um Abschlussprüfungen unterzugehen:
1. Erstattung von Stornokosten für abgesagte Schulfahrten
Mit der SchulMail vom 6.03. und 3.04.2020 informierte das Ministerium wie mit Schulfahrten und möglicherweise anfallenden Stornokosten umzugehen ist.
Im Falle der „erforderlichen Absage von Klassenfahrten, Studienfahrten und Schüleraustauschen sowie bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen [ist] eine grundsätzliche Kostenübernahme für die vom Vertragspartner (z.B. Reiseveranstalter, Transportunternehmen, Unterkünfte) in Rechnung gestellten und nachgewiesenen Stornierungskosten durch das Land zugesagt. Dies gilt nunmehr für alle Schulfahrten im Sinne der Richtlinien für Schulfahrten (BASS 14-12 Nr. 2), die bis zum Beginn der Sommerferien durchgeführt worden wären.
Das Land Nordrhein-Westfalen tritt jedoch nicht in bestehende Verträge mit Dritten ein. Daher erfolgt die Auszahlung nicht direkt an den oder die Vertragspartner, sondern ausschließlich an die Schulen. Die Erstattung von Stornierungskosten wird über die Bezirksregierungen erfolgen.“
Kölner Schulen richten Anträge auf Erstattung der Stornierungskosten bitte mit dem in der Schulmail erwähnten Formular (siehe Mail-Anhang) bis zum 15.05.2020 bei der zuständigen Bezirksregierung an die Funktionsadresse reisekostenstelle@nullbrk.nrw.de ein.
Welche Unterlagen dem Antrag hinzuzufügen sind, entnehmen Sie bitte der Schulmail vom 3.04.2020: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/bp/Ministerium/Schulverwaltung/Schulmail/Archiv-2020/200403/index.html
2. EU-Schulprogramm: Neue Bewerbungsrunde für Obst und Gemüse ist mit modifiziertem Verfahren gestartet
Noch bis zum 30. April 2020 können sich alle bisherigen als auch neu interessierten Grund- und Förderschulen um die Teilnahme am Programmteil Obst und Gemüse für das Schuljahr 2020/2021 bewerben. Zu beachten ist das in diesem Jahr modifizierte Bewerbungsverfahren: So wird es kein gesondertes Rückmeldeverfahren mehr für bereits teilnehmende Schulen geben. Jede Schule muss sich über das Online-Bewerbungsverfahren neu bewerben, auch wenn sie aktuell schon am Programm teilnimmt. Mehr Informationen können Sie ebenfalls dem Anhang der E-Mail oder der Website: www.schulobst-milch.nrw.de entnehmen. Hier können Sie sich auch direkt bewerben.
3. Online-Petition pro Gesamtschule Rondorf
Aus aktuellem Anlass möchte ich Sie alle auf die Petition „Eine Schule für Alle – Eine Gesamtschule für Rondorf!“ hinweisen, die ich sehr unterstütze. Unterschreiben können alle Menschen, am besten aus Köln – Auswärtige dürfen selbstverständlich ebenfalls. Jede einzelne Unterschrift zählt, ob nun öffentlich oder nicht öffentlich. Sie unterstützen damit die Forderung nach einer Gesamtschule in Rondorf, die Schwarz-Grün in Köln verhindern möchte, obwohl alle Expertinnen und Experten sie empfehlen.
Hier der Link zur Petition: https://www.openpetition.de/petition/online/eine-schule-fuer-alle-eine-gesamtschule-fuer-rondorf
Ich hoffe, Ihnen helfen auch diese abschließenden Hinweise weiter. Bei Fragen können Sie die angebenden Ansprechpartnerinnen oder -partner kontaktieren oder Sie wenden sich an mein Büro.
Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute in dieser schwierigen Zeit. Bleiben Sie gesund und frohe Ostern!
Ich melde mich kurzfristig wieder bei Ihnen allen.
Viele Grüße
Jochen Ott
Schulpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion