„Auf Schicht mit Jochen“ auf dem Poller Markt

Vor anderthalb Wochen durfte ich erneut einen spannenden Schichtdienst ableisten – diesmal auf dem Poller Markt, wo ich am Stand von Herbert Clasen einen kompletten Vormittag lang verkaufen durfte. Hier mein Bericht:

Früh geht es los am Freitagmorgen. Da der Markt bereits um 7 Uhr aufmacht treffen wir uns schon um 5 Uhr in Libur auf dem Hof von Bauer Herbert Clasen um unsere Produkte einzuladen. Während er hier früher noch selber Landwirtschaft betrieben hat, handelt er heute in erster Linie mit Geflügelprodukten. Trotz der frühen Uhrzeit packen hier alle mir an. Frau Kleineder belädt mit mir den Marktwagen. Sie arbeitet seit vielen Jahren bei Herrn Clasen und auch ihre Tochter Frau Wolff wird später in Poll dazu stoßen und mit verkaufen. Man merkt es ist ein richtiger Familienbetrieb: Die Abläufe sind optimal eingespielt und jeder kann sich voll auf den anderen verlassen. Trotzdem werde ich als der Neue in der Runde sofort freundlich ins Team aufgenommen. So macht selbst die körperliche Arbeit am frühen Morgen Spaß.

Nach dem Einladen fahren wir gemeinsam Richtung Poll und während die Sonne langsam aufgeht erhalte ich eine kurze Unterweisung in die Lebensmittel – und Fleischproduktion. Ich lerne, dass immer mehr lokale Hersteller schließen müssen, weil die Anforderungen und Auflagen immer strenger werden, während sich gleichzeitig viele Menschen über Massenschlachtungen in Industriellen Großbetrieben beschweren.

Um 5.45 Uhr beginnen wir mit dem Aufbau auf dem Marktplatz und sind damit eher spät dran! Hier ist bereits einiges los und die eingeschworene Gruppe der Marktverkäufer ist schon da um uns hart aber herzlich zu begrüßen. Und auch ich werde direkt mit einbezogen: „Jung, wat häss du jrosse  Föös“ schallt es mir schon nach kurzer Zeit entgegen. Mit meiner Schuhgröße 49 kann ich den kölschen Mitverkäufern immerhin am frühen Morgen schon ein Lachen entlocken.

Vor dem großen Ansturm: Frau Kleinender richtet den Stand ein.

Dann geht es los, den Wagen postieren und richten und natürlich die Produkte auspacken: Hähnchen, Hühnchen, Flügel, Beine, Oberbein, Hühner klein, Filet, Puten-Schnitzel und -Medaillons, Spiesse , Herzen, Mägen (viele Leuten kaufen die für Ihren Hund), Lamm, Salat und auch bereits vorbereitete Produkte wie Cordon bleu und Frikadellen. Und natürlich Eier, die gehen hier im Minutentakt über die Theke. Das bereitet mir zwar viel Freude beim Verkaufen, jedoch nach und nach Schwierigkeiten beim Kopfrechnen! Während ich versuche die Kunden zu überreden direkt 10 Eier zu kaufen und mir so meine Rechnung zu vereinfachen erweisen sich Frau Kleineder und Frau Wolff als geschulte Kopfrechenmeisterinnen. Neben ihrem Job als Verkäuferinnen sind sie hier auf dem Markt auch immer ein wenig als Seelsorgerinnen im Einsatz. So haben sie von Traurigkeit und Wut bis zu ausgelassenem Lachen und viel Fröhlichkeit schon alles gehört.

Zwei Generationen, die zusammenarbeiten: Frau Kleineder und ihre Tochter Frau Wolff auf dem Stand am Poller Markt.

In dieser netten Gesellschaft packe und drapiere ich so gut wie möglich um unsere Produkte erfolgreich an den Mann zu bringen. Und dann wird im Wechsel fleißig weiter verkauft und eingepackt bis um 12.30 Uhr tatsächlich viele Waren bereits komplett verkauft sind. Mir wird klar, dass sich ein gutes Auge für den Bedarf an einem Markttag wirklich rechnet. Denn für Nachlieferpausen oder Zählen der Produkte bleibt wenig Zeit, es herrscht reger Betrieb am Stand. Dieser hält einen immerhin warm und das ist wichtig, denn es ist recht frisch im Wagen, wenngleich die Kälte bei den Obst- und Gemüsehändlern, die auf dem Boden stehen, noch mehr zieht.

Die große Besonderheit auf dem Markt sind nicht nur die tollen, frischen Produkte, sondern auch das Gefühl von jemandem zu kaufen, dem man vertraut. Solches Vertrauen aufzubauen ist allerdings nicht einfach, das Verlieren hingegen geht schnell. Auf Bauer Herbert Clasen und seinen Mitarbeitern kann man sich jedenfalls verlassen!

Einen Denkanstoß habe ich auch noch mitgenommen: Sicher täte es vielen von uns gut etwas weniger Fleisch zu kaufen und dafür mehr auf die Qualität zu achten. Dafür müssen wir Unternehmen, die nachweislich gute Produkte nachhaltig produzieren, besser fördern.

Es lohnt sich übrigens zu hinterfragen, ob überall wo Bio draufsteht auch Bio drin ist. Und auch wenn männliche Kücken und männliche Kälbchen als nicht gebrauchter Rest verramscht werden ist das sicher nicht in Ordnung und die überzüchteten Tiere sind keine Ruhmestat. Aber wir Verbraucher haben es in der Hand und sollten diese Macht nutzen!

Ein herzlicher Dank geht an die Damen für Ihre Geduld und Unterstützung und bei Herbert Clasen für den spannenden Einblick in den Marktalltag. Märkte gehören zur Stadt dazu und leider pflegt Köln das noch zu wenig. Ich bleibe dran!