Vorstellung des Buches „Moses Hess. Rheinischer Jude, Revolutionär, früher Zionist“

Heute, am Tag der deutschen Demokratiegeschichte, hat Jochen Ott eine neue Biografie über den ersten Vorsitzenden der Kölner SPD, Moses Hess (1812–1875), vorgestellt. Der Hamburger Historiker Volker Weiß erzählt das bewegte Leben dieses politisch Intellektuellen, der bereits im 19. Jahrhundert für ein soziales Europa, für ein demokratisches Israel und für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen kämpfte. Sein Leben, Kämpfen und Schreiben liest sich wie eine frühe Vorwegnahme unserer heutigen politischen Agenda.
Moses Hess wurde als rheinischer Jude, Revolutionär und Frühzionist zu Unrecht vergessen. Der leidenschaftliche Intellektuelle war einer der wichtigsten deutschen Publizisten im 19. Jahrhundert. Er gehörte zum Gründerkreis der »Rheinischen Zeitung« und agitierte unermüdlich in Deutschland, Frankreich, Belgien und der Schweiz. Berüchtigt waren seine Freund- und Feindschaften etwa mit Karl Marx und Friedrich Engels: Aufgrund seines Vorsprungs an Lebensjahren und -erfahrung wies er diesen Jüngeren den Weg ins radikale Denken. Da er dabei keine Konflikte scheute, erfuhr Moses Hess Ablehnung bei den politischen Genossen und Verfolgung durch die Obrigkeit im konservativen Europa seiner Zeit. In hohem Alter schloss er sich Ferdinand Lassalle an und wurde Gründungsvorsitzender der Kölner Sozialdemokratie.
Hess war ein typischer Vertreter des deutschen Judentums seiner Generation, das sich vollständig in der Gesellschaft zu assimilieren trachtete. Gleichzeitig thematisierte er als erster Sozialist die Judenfeindschaft – auch in seiner eigenen politischen und sozialen Umgebung. Am Ende seines Lebens entwickelte der »ideelle Vater Israels« die Vision eines jüdischen Staates als Musterdemokratie. Sein Werk ist geprägt von einer Synthese aus Messianismus und Sozialismus, die im 20. Jahrhundert ihre Fortsetzung bei Walter Benjamin und Ernst Bloch fand. Seine Hoffnungen auf ein im Geiste der Emanzipation geeintes Europa haben nichts an Aktualität verloren.
Jochen Ott beschrieb das Buch als »konkret, erzählerisch und satt geschrieben: Das Lesen in diesem Buch macht einfach Spaß.« Die politische Agenda einer Stadt müsse sich auch an langfristigen Perspektiven orientieren. Darum bleibe Moses Hess bis heute ein produktiver Stachel für ein demokratisches, soziales und barmherziges Europa.

Der Autor: Dr. phil. Volker Weiß (geb. 1972) ist Historiker und Literaturwissenschaftler mit Schwerpunkt auf der deutschen Geistes- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Er schreibt regelmäßig für die »ZEIT« und »Jungle World«.

Volker Weiß:
Moses Hess. Rheinischer Jude, Revolutionär, früher Zionist
Mit einem Nachwort von Jochen Ott
240 Seiten mit 25 Abbildungen
Gebunden mit Schutzumschlag, Format 13,7 × 21,5 cm
ISBN 978-3-7743-0614-1