
In 2. Lesung hat der Landtag NRW in namentlicher Abstimmung mit 143 Stimmen gegen 32 Stimmen ohne Enthaltungen die Änderung des Abgeordnetengesetzes verabschiedet. Die Fraktionen von FDP und DIE LINKE stimmten geschlossen gegen den Gesetzentwurf. 8 Abgeordnete der CDU-Fraktion haben mit Nein gestimmt. 5 Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gaben persönliche Erklärungen zu Protokoll.
Das Gesetz, vorgelegt von den Fraktionen von CDU, SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN, stellt fest, dass mit der im Jahre 2005 beschlossenen als vorbildlich geltenden Systemveränderung – Wegfall der staatlichen Altersversorgung, Errichtung eines eigenständigen Versorgungswerkes – die Höhe der Altersversorgung für die Abgeordneten des Landtags NRW neu geregelt worden ist. Eine Überprüfung des Versorgungswerks hat einen Anpassungsbedarf ergeben. Um eine Stabilisierung der Altersversorgung durch das Versorgungswerk – und damit der Grundversorgung für alle Mitglieder des Landtags – zu erreichen, soll der Pflichtbeitrag zum Versorgungswerk zum 1. März 2012 von 1614 auf 2114 Euro erhöht werden.
Dazu MdL Jochen Ott: „Ich hätte mir eine insgesamt sachlichere Diskussion um das Thema Abgeordnetenbezüge bzw. –versorgung gewünscht in deren Mittelpunkt die Frage steht, was (uns) ein Landtagsabgeordneter wert ist? Den Einsendern zahlreicher Briefe und eMails habe ich in meinen Beantwortungen versucht zu verdeutlichen, dass es nicht richtig ist, wenn bestimmte Berufsgruppen (wie etwa Lehrer, Oberärzte oder Beamte des höheren Dienstes) deshalb auf politische Ämter verzichten, weil sie sich einfach schlechter stehen. Nicht nur das Mandat des Landtagsabgeordneten, sondern insbesondere alle politischen Ehrenämter in Bezirksvertretungen und Stadtrat sind längst so unattraktiv geworden, dass es auch einem Parteivorsitzenden kaum noch gelingt, bei Kommunalwahlen die Kandidatenlisten zu füllen."
Ott weiter: "Ich kann verstehen, dass solche Entscheidungen des Parlaments, die es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur für sich selbst treffen kann, einem besonderen öffentlichen Erklärungsbedarf unterliegen. Dem möchte ich gerne nachkommen."
Die Diätenreform, die am 17. März 2005 einstimmig verabschiedet wurde, hat die verschiedenen Bestandteile der früheren Abgeordnetenbezüge in einer einzigen steuerpflichtigen Leistung zusammengefasst. Es gibt – anders als in vielen Ländern und im Bund – keine steuerfreien Pauschalen. Die Abgeordneten bestreiten ihre Aufwendungen, wie z.B. für das Wahlkreisbüro, aus ihren Bezügen, kommen für ihr Arbeitsmaterial auf und versteuern ihr Einkommen nach den geltenden Steuersätzen und Richtlinien wie jeder andere, der einer freiberuflichen Tätigkeit nachgeht. Die Grundlage für diese Diätenreform erarbeitete eine dafür eingerichtete Diätenkommission.
Im Ergebnis gibt es seitdem eine größere Transparenz der Abgeordnetenbezüge, eine Gleichstellung mit allen Steuerbürgerinnen und Steuerbürgern und die Sicherstellung einer dem Amt angemessenen Bezahlung.
Ein Kernelement der Diätenreform war der Wegfall der staatlichen Altersversorgung. Sie wurde ersetzt durch eine aus eigenen Beiträgen finanzierte Altersversorgung. Wie bei der Bemessung der Abgeordnetenbezüge ist bei der Altersvorsorge darauf zu achten, dass Abgeordnete angemessene Leistungen erhalten. Dies ist nicht nur verfassungsrechtlich geboten, sondern entspricht auch dem Bild, das die Verfassungsväter und –mütter von den freien, gleichen und vor allem unabhängigen Abgeordneten hatten. Dieses findet auch seinen Ausdruck im gleichen Erwerb von Versorgungsansprüchen während der Mandatstätigkeit, unabhängig von der sonstigen Berufsbiographie.
Die Diätenreform hat die Abgeordneten aus der damals sehr hohen staatlichen Versorgung in ein eigenständiges Versorgungswerk überführt.
Aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion gibt es zur Konstruktion des Versorgungswerks, das 2005 mit der Diätenreform beschlossen und aufgebaut worden ist, keine ernsthafte Alternative. Eine Rückkehr zur alten staatlichen Versorgung der Landtagsabgeordneten lehnen wir als nicht generationengerecht ab. Nach intensiver Beratung in der Fraktion und mit Fachleuten geht die SPD-Fraktion davon aus, dass die verschiedentlich geäußerten Bedenken gegenüber der Substanz des Versorgungswerkes nicht stichhaltig sind.
Aus diesem Grund tritt die SPD-Fraktion dafür ein, die Entwicklungsperspektiven von Versorgungswerken im Vergleich zu privaten Rentenversicherungen und Lebensversicherungen durch eine unabhängige Kommission transparent diskutieren und konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Abgeordnetenversorgung prüfen zu lassen. Zu den Themen soll des Weiteren die Frage der zukünftigen Darstellung der Angemessenheit der Abgeordnetenversorgung im Vergleich zu anderen Berufsgruppen gehören. Der konkrete Auftrag der Kommission soll im Einvernehmen mit allen im Landtag vertretenen Fraktionen formuliert werden.
Die in der Anhörung vorgeschlagene verpflichtende Einbeziehung aller Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Eine Ungleichbehandlung der Abgeordneten stößt auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Eine Individualisierung der Entscheidung über die Altersvorsorge eines/einer Landtagsabgeordneten lehnen wir ebenso ab. Der Solidargedanke muss auch bei der Altersversorgung für Abgeordnete gelten.
Bleibt die Frage, ob die derzeitige Abgeordnetenversorgung angemessen ist. Hierzu hat es in der Anhörung unterschiedliche Meinungen gegeben. Einige Experten halten die dauerhafte Sicherung des 2005 gefundenen Versorgungsniveaus für angemessen, andere dagegen nicht. Zur Erinnerung: Mit der Diätenreform 2005 wurde das Versorgungsniveau gegenüber der bis dahin geltenden Regelung um rund 40 Prozent gesenkt.
Nach der Erhöhung des Beitrages zum Versorgungswerk hat ein Abgeordneter nach zehnjähriger Zugehörigkeit zum Landtag einen Versorgunganspruch in Höhe von 1573 Euro, nach altem Recht gibt es für die gleiche Zeit einen Anspruch in Höhe von 2588 Euro. Die Anhörung hat auch deutlich gemacht: die Angemessenheit muss letztlich politisch bewertet und entschieden werden.
In Abwägung aller bisher bekannten Argumente sowie der Versorgungsansprüche vergleichbarer Funktionen und der Sonderstellung eines auf Zeit ausgeübten Mandats, halten die Mitglieder der SPD-Fraktion eine Altersversorgung von 1573 Euro nach zehnjähriger Zugehörigkeit für angemessen. Um dieses Niveau langfristig zu sichern, ist die jetzt vorgesehene Erhöhung des Beitrages zum Versorgungswerk um 500 Euro notwendig. Die entsprechende Erhöhung der Abgeordnetenbezüge muss komplett versteuert werden. Gleichzeitig fließen aber 500 Euro direkt dem Versorgungswerk zu. D.h.: Alle Abgeordnete verfügen künftig über ein geringeres (Netto-) Einkommen.
Für weitergehende Informationen verweise ich Sie noch gerne auf unsere Homepage:
www.spd-fraktion.landtag.nrw.de
Unter Eingabe des nachfolgenden Links http://tinyurl.com/diaeten werden Sie direkt auf die Informationsseite der Fraktion weitergeleitet.
Zur Kritik des Bundes der Steuerzahler:
Presseerklärung des Landtages zur Änderung des Abgeordnetengesetzes:
„Unseriöse Behauptungen des Bundes der Steuerzahler“
Zu den vorgebrachten Behauptungen des Bundes der Steuerzahler erklärt Landtagssprecher Hans Zinnkann:
1.Der Vorwurf, die Fraktionen von CDU, SPD und GRÜNEN würden Tatsachen verdrehen, wird mit Nachdruck zurückgewiesen. Die Diskussion über die Altersversorgung der Abgeordneten wird seit Dezember 2011 offen und in aller Öffentlichkeit geführt.
2.Dass der Bund der Steuerzahler, der diese Diskussion von Beginn an intensiv mitgeführt hat, erst jetzt mit angeblich verschwiegenen Wahrheiten an die Öffentlichkeit geht, belegt seine unseriöse Praxis.
3.Die Höhe der Altersversorgung berechnet sich nach Alter und Dauer der Zugehörigkeit zum Landtag. Anders formuliert: Wer länger einzahlt, bekommt auch mehr heraus. So funktioniert ein Versorgungswerk. Da die Daten der Abgeordneten unterschiedlich sind, ist es einleuchtend, eine Modellrechnung zu liefern. Diese geht vom Durchschnittsalter der Abgeordneten aus (49 Jahre) sowie der durchschnittlichen Mandatsdauer (10 Jahre).
4.Die Begründung, dass die Erhöhung des Pflichtbeitrags zum Versorgungswerk vor allem dazu dienen soll, jüngere Abgeordnete im Alter besser zu stellen, ist missverständlich. Es geht nicht um das Lebensalter, sondern um die durch jüngst erfolgte oder künftig erfolgende demokratische Wahl in das Parlament.
5.Der Bund der Steuerzahler ist nicht an einer sachlichen Diskussion interessiert. Er instrumentalisiert vielmehr die Diskussion über die Altersversorgung im Stile einer politischen Partei für die Eigenprofilierung. (Herausgeber: Der Präsident des Landtags
Redaktion: Hans Zinnkann, Pressesprecher; Florian Melchert, stv. Pressesprecher)