
Die Pläne des Bundes zur Neuorganisation der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sind heute auf Initiative der SPD-Fraktion Thema im Landtag.
Dazu erklärt der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Jochen Ott:
"Wir lehnen die Pläne des Bundes nach weitgehender Privatisierung der Aufgaben und Verlagerung der Organisation der WSV in andere Bundesländer ab. Unsere Wasser- und Schifffahrtsverwaltung muss leistungsfähig erhalten und fortentwickelt werden.
Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in Nordrhein-Westfalen erfüllt eine Vielzahl wichtiger Aufgaben. Sie erhält die Sicherheit und Leistungsfähigkeit unserer Binnenwasserstraßen einschließlich des Rheins. Eine Neuorganisation, wie vom Bund angestrebt, muss die Stärkung in staatlicher Obhut zum Ziel haben. Wir brauchen auch zukünftig eine WSV in NRW, die der herausragenden Bedeutung der nordrhein-westfälischen Binnenschifffahrt für ganz Deutschland entspricht.“
Rund 240 km Kanäle, und 480 km Rhein werden in Nordrhein-Westfalen instand gehalten und überwacht. Zu dieser Infrastruktur gehören u.a. 120 Häfen, 330 Brücken und 34 Schleusen. Allein auf dem Rhein (NRW) werden jährlich rund 177 Mio. t Güter transportiert. In LKW umgerechnet entspricht das einer zusätzlichen Staulänge von fast 800 km täglich.
Moderne Güterverkehrspolitik muss den Akzent bei der Infrastruktur auf eine stärkere Entwicklung der Schiene und der Binnenwasserstraßen legen. „Wer hier spart und die Straße bevorteilt, organisiert den totalen Verkehrskollaps zu Lasten der Menschen und unserer Volkswirtschaft. Er spart auch unverantwortlich an der Sicherheit unserer Binnenwasserstraßen. Deshalb lehnen wir die Pläne des Bundes nach weitgehender Privatisierung der Aufgaben und Verlagerung der Organisation in andere Bundesländer ab“, so Jochen Ott.
Hier die Rede vor dem NRW-Landtag im Wortlaut:
Rede des Abgeordneten Jochen Ott (SPD)
TOP 17: Rahmenbedingungen der Binnenschifffahrt in Nordrhein-Westfalen erhalten und ausbauen – Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in Nordrhein-Westfalen muss leistungs- und zukunftsfähig bleiben
"Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Bundesregierung beabsichtigt die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung von einer Ausführungs- zu einer Gewährleitungsverwaltung umzustrukturieren, was praktisch eine Verabschiedung aus der aktiven Bewirtschaftung / der staatlichen Verantwortung bedeutet.
Das beinhaltet neben drohendem erheblichem Personalabbau auch eine vermehrte Überführung von Verantwortlichkeiten an private Dienstleister.
Betroffen davon sind 1.712 in NRW beschäftigte Mitarbeiter.
Die Bedeutung ihrer Arbeit und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in NRW insgesamt wird dadurch deutlich, dass von den im Jahr 2008 auf den Binnenwasserstraßen Deutschlands transportierten Gütermengen (766 Mio. t) rund 45,6 % – annähernd also fast die Hälfte – allein auf NRW entfielen.
Ein weiterer Aspekt für den Stellenwert einer aktiven Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in NRW ist die Prognose des Bundes zur Entwicklung der Gütermengen auf den Binnenwasserstraßen in NRW (Datenbasis 2008). Danach ist mit folgenden Steigerungen der Tonnagen bis 2015 zu rechnen: Dortmund-Ems-Kanal (Süd) + 66,5%, Wesel-Datteln-Kanal +29,5%, Rhein-Herne-Kanal +27,5%.
Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in NRW erfüllt eine Vielzahl von hoch komplexen und sehr wichtigen Aufgaben:
oUnterhaltungs- und Neubautätigkeiten
(Kanälen, Flüsse, Sicherheitstore,
Wehre, Schleusen (34), Hebewerke,
Brücken (330))
oBergschäden Vor- und Nachsorge in
Zusammenarbeit mit RAG
oHochwasserschutz
oBergung von havarierten Schiffen (Heute
ist die Situation bereits so absurd, dass die dafür notwendigen Schwimmkräne alle verkauft sind und aus NL zurück gemietet werden müssen); insbesondere das U-Bahn Unglück in Köln zeigte, dass die Aufsichten und Kontrollen in öffentlicher Hand bleiben müssen
oEisaufbruch
oSchifffahrtssperren
Im Laufe des Jahres sollen zur Zukunft der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in NRW die Entscheidungen in Berlin getroffen werden.
Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung erfüllt eine staatliche Aufgabe der Daseinsvorsorge. Sie sichert die Qualität und Leistungsfähigkeit unserer Binnenwasserstraßen. Aufgrund der erheblich wachsenden Tonnagen sowie der politischen Ausrichtung der Landesregierung dahin gehend, den sogenannten Modal-Split der Verkehrsträger zu verändern („Mehr Güter von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraßen“), ist eine weitgehende Verabschiedung des Bundes aus seinem aktiven Engagement in diesem Bereich abzulehnen.
Darüber hinaus ist aufgrund der jüngsten Erfahrungen aus Japan anzumerken, dass viele Kraftwerke NRWs direkt an Binnenwasserstraßen liegen. Diese Position ermöglicht die problemlose Anlieferung von Kohle auf dem Wasserweg, die Versorgung mit Kühlwasser, die Versorgung der Feuerwehren mit Löschwasser im Brandfall usw. Diese sensiblen Bereiche sollten daher auch zukünftig direkt in staatlicher Hand liegen und von hochqualifizierten, erfahrenen Mitarbeitern der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung NRW wahrgenommen werden.
Auch unter diesem Gesichtspunkt ist eine Privatisierung der Aufgaben mit einer personellen Besetzung „light“ und dem damit verbundenen Kompetenz- und Qualitätsverlust nicht ratsam. Viele ständige Aufgaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sind nicht rentabel zu fahren, etwa die Unterhaltung der Vielzahl mehr als 100-jähriger Bauwerke, die Erhöhung von Brücken usw.
Der Schienen- und Straßenverkehr ist völlig ausgelastet. Verspätungen und lange Staus sind die Folge. Die Binnenwasserstraßen, insbesondere der Rhein, sind hingegen nur zu 30% ausgelastet. Erhalt und Ausweitung der Binnenwasserstraßen ziehen jedoch weitere Kosten mit sich. Wird der Verkehr auf den Binnenwasserstraßen dichter, müssen gleichzeitig die Aufsichten und Kontrollen verstärkt werden.
Die geplante Verlegung der Rheinverwaltung von NRW nach Rheinland – Pfalz, genauer nach Mainz muss verhindert werden. So liegt doch das am Stärksten befahrene Stück des Rheins zwischen Emmerich und Köln. Es sind keine nachvollziehbaren Gründe für eine Verlagerung in ein anderes Bundesland ersichtlich. Die Rheinverwaltung muss in NRW bleiben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in Nordrhein-Westfalen eine Vielzahl wichtiger Aufgaben erfüllt. Sie erhält die Sicherheit und Leistungsfähigkeit unserer Binnenwasserstraßen einschließlich des Rheins. Eine Neuorganisation, wie vom Bund angestrebt, muss die Stärkung in staatlicher Obhut zum Ziel haben. Wir brauchen auch zukünftig eine WSV in NRW, die der herausragenden Bedeutung der nordrhein-westfälischen Binnenschifffahrt für ganz Deutschland entspricht.
Rund 240 km Kanäle, und 480 km Rhein werden in Nordrhein-Westfalen instand gehalten und überwacht. Zu dieser Infrastruktur gehören u.a. 120 Häfen, 330 Brücken und 34 Schleusen. Allein auf dem Rhein (NRW) werden jährlich rund 177 Mio. t Güter transportiert. In LKW umgerechnet entspricht das einer zusätzlichen Staulänge von fast 800 km täglich.
Moderne Güterverkehrspolitik muss den Akzent bei der Infrastruktur auf eine stärkere Entwicklung der Schiene und der Binnenwasserstraßen legen. Wer hier spart und die Straße bevorteilt, organisiert den totalen Verkehrskollaps zu Lasten der Menschen und unserer Volkswirtschaft. Er spart auch unverantwortlich an der Sicherheit unserer Binnenwasserstraßen. Deshalb lehnen wir die Pläne des Bundes nach weitgehender Privatisierung der Aufgaben und Verlagerung der Organisation der WSV in andere Bundesländer ab.
Und deshalb fordern wir mit unserem Antrag die Landesregierung auf, gegenüber der Bundesregierung in diesem Sinne tätig zu werden …"