Problem-Viertel in Köln versteigert

Wieder einmal kommen Wohnungen aus einem Kölner Problemviertel unter den Hammer. Am Freitag werden Objekte einer Bremer Pleitefirma in Porz-Finkenberg zwangsversteigert. Die Stadt befürchtet ein weiteres Abrutschen der benachteiligten Stadtteile.

520 Wohnungen in 17 Mehrfamilienhäusern in Porz-Finkenberg, dazu Parkplätze, ein paar frei finanzierte Wohnungen, ein Kindergarten – zum Preis von rund 20 Millionen Euro dürfte man das Immobilienpaket, das am heutigen Freitag im Amtsgericht zwangsversteigert wird, erwerben können. Für einen Investor, der Wohnungen kauft, um hohe Renditen zu erzielen, und kein großes Interesse an langfristigem Werterhalt hat, ist das kein schlechtes Geschäft: Weil hier fast ausschließlich Menschen wohnen, deren Miete zuverlässig von Stadt und Staat gezahlt wird, ist die Investition in absehbarer Zeit wieder drin.

Tatenlos wird die Stadt Köln einmal mehr zusehen, wie Wohnungen aus einem Kölner Problemviertel unter den Hammer kommen – Häuser, in die dringend investiert werden müsste, um die abrutschenden Stadtteile zu stabilisieren. „Wir hoffen, dass wir die Siedlung aus den internationalen Finanzgeschäften heraushalten können“, so Michael Schleicher vom Kölner Wohnungsamt. „Die Stadt würde es begrüßen, wenn sich ein regional verankerter Investor findet.“ Eine vage Hoffnung – der Investor, den Schleicher im Sinn hatte, die Firma Sahle aus Greven, hat abgewinkt.
Die Stadt selbst und ihre Wohnungsbaugesellschaft GAG sehen sich nicht in der Lage, mitzusteigern. Die GAG soll in Kürze in eine Versteigerung in Chorweiler geschickt werden, um dort gleich 900 zur Zeit zwangsverwaltete Wohnungen in extrem schlechtem Zustand zu übernehmen. Ob das gelingt, ist längst nicht sicher. In Chorweiler geht es vor allem um den düsteren Häuserblock, der Chorweiler einer menschenverachtenden Trutzburg gleich abriegelt. Oberbürgermeister Jürgen Roters hatte vorgeschlagen, Teile der Häuser abzureißen. Das würde ein an einer hohen Rendite orientierter Investor nicht freiwillig tun. Jede noch so schäbige Wohnung bringt in einer Stadt, in der Wohnungen fehlen, Einnahmen.

„Wir müssen den Heuschrecken das Futter entziehen“, sagt trotzdem der neue Vorsitzende des Sozialausschusses des Rates, Jochen Ott (SPD). „Wenn es irgendwie geht, müssen wir die Leute aus den Häusern rausholen.“ Nur so werde man den Vermieter dazu bringen, seine Immobilien aufzuwerten.
Dazu bräuchte es mehr Wohnungen, in die die Menschen umziehen könnten. Die gibt es ebenso wenig wie wirksame Instrumente, um Einfluss zu nehmen. Bei Sozialwohnungen, für deren Miete die Stadt zahlt, fehlt sogar das einfachste Mittel, mit dem man Vermieter beeindrucken könnte: Der selbst nicht zahlende Mieter hat keinen Anreiz, die Miete zu mindern, wenn zum Beispiel Aufzüge oder Heizung nicht funktionieren. Ihm ist egal, was die Wohnung kostet. Sozialmieter zu eigenem Engagement zu aktivieren, ist ohnehin nicht einfach. „Wir wollen die Mieter intensiver begleiten“, kündigt der stellvertretende Leiter des Sozialamtes, Hans Oster an. Die Mieter sollen sich wehren. „Wir werden dafür sorgen, dass sie entsprechend beraten werde.“ Die Stadt wäre sogar bereit, die Kosten für die Mitgliedschaft im Mieterverein zu übernehmen. Außerdem sollen alle rechtlichen Auflagen für Vermieter streng überprüft werden.
Um Stadtteile aufzuwerten und den Zerfall der Stadt in Arm und Reich zu stoppen, reicht das kaum. Die Stadt will den öffentlichen Raum in Finkenberg attraktiver machen und umgestalten. Das Einkaufszentrum soll wiederbelebt werden. Die Wirkung solcher Maßnahmen verpufft jedoch, wenn einige Hauseigentümer nicht mitmachen.

Besonders ärgerlich ist das für diejenigen, die sich engagieren und Geld in die Hand genommen haben. Das haben einige Ex-Mieter, die zu Eigentümer ihrer alten Wohnung geworden sind, auch in Finkenberg getan. Nun müssen sie dabei zusehen, wie durch das Nichtstun anderer in der unmittelbaren Umgebung trotz ihres Engagements Wohnqualität und Immobilienwerte weiter fallen.

Ein Ausweg aus dem Dilemma wird in einem Modellprojekt in Humboldt-Gremberg getestet. „Housing Improvement District“ nennt sich das aus den USA importierte Konzept, das ähnlich funktioniert wie eine „Standortgemeinschaft“, die der Einzelhandel an der Kalker Hauptstraße fordert: Die Eigentümer schließen sich zusammen, verpflichten sich auf gemeinsame Ziele und einen finanziellen Beitrag zur Aufwertung ihres Umfeldes. Wenn 70 Prozent mitmachen, kann der Rest zur Mitarbeit gezwungen werden